NACHHALTIG UND SOZIAL INVESTIEREN

Von Lutz Wiemer

Nachhaltige Immobilien-Investments stehen mehr denn je im Fokus institutioneller Investoren. Doch der Blick wird durch die EU-Verordnungen der ESG-Regulierung nochmals geschärft: Wurden bislang ökologische Standards hervorgehoben, ist nun auch die gesellschaftliche Relevanz von Investments von zunehmender Bedeutung. Die Schaffung von bezahlbarem und geförderten Wohnraum scheint die ideale Anlagemöglichkeit. Doch wie groß ist der Bedarf? Wie komplex ist der Dschungel verschiedener Förderbedingungen?

Die Verfügbarkeit von bezahlbarem Wohnraum ist eine der zentralen sozialen Themen unserer Zeit. Auch wenn es in den vergangenen Jahren gelungen ist, die Neubauzahlen erheblich zu steigern, haben viele Haushalte mit geringen und mittleren Einkommen insbesondere in den städtischen Wachstumszentren Schwierigkeiten, ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum zu finden.

Eine Studie der Hans-Böckler-Stiftung von 2021 belegt: In den 77 deutschen Großstädten fehlen gut 1,5 Millionen bezahlbare Wohnungen, darunter über 1 Millionen günstige Apartments unter 45 Quadratmetern für Einpersonenhaushalte. Gemessen an den finanziellen Möglichkeiten der lokalen Bevölkerung besteht ein besonders großer Mangel an bezahlbarem Wohnraum in einwohnerstarken Städten mit vielen Niedrigverdienern wie beispielsweise Berlin und Leipzig und in Großstädten mit hohem Mietniveau wie in München und Düsseldorf. Doch selbst in Orten mit relativ kleinen Versorgungslücken wie Wolfsburg oder Ulm überschreitet der Bedarf an günstigen Wohnungen das Angebot jeweils um mehrere tausend. Besonders eklatant ist die Lücke bei Sozialwohnungen. So hatten im Jahr 2021 laut eines Gutachtens der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen e.V. 7,9 Millionen Deutsche Anspruch auf eine Sozialwohnung. Gab es um die Jahrtausendwende immerhin noch rd. 2,6 Millionen Sozialwohnungen, hat sich der Bestand durch auslaufende Belegungsbindungen deutlich verringert. 2019 waren es gerade noch etwa 1,1 Millionen Sozialwohnungen, Tendenz weiter rückläufig.

Komplexe Förderbedingungen für Sozialwohnungen

Um diesem Mangel gezielt entgegenzuwirken, hat der Bund für den Zeitraum 2020 bis 2024 jährlich eine Milliarde Euro als Fördermittel vorgesehen. Gemeinsam mit den Mitteln von Ländern und Kommunen können damit über 100.000 zusätzliche Sozialwohnungen geschaffen werden. Jedes Land hat dabei seine eigenen Fördervorschriften, ergänzt um lokale Förderbedingungen auf Gemeindeebene, um auf spezielle regionale Bedürfnisse zu reagieren. Um in diesem Segment investieren zu können, müssen die rechtlichen Bestimmungen, Kombinationsmöglichkeiten von Fördermitteln und Finanzierungsbedingungen genau analysiert werden. Ein Fonds, der beispielsweise deutschlandweit investieren möchte, muss also zwingend auch die länderspezifischen und kommunalen Besonderheiten genau prüfen.

Sozialwohnungen qualifizieren sich besonders als nachhaltige Investments. Durch die Kombination des sozialen Aspekts - Schaffung von bezahlbarem Wohnraum für mittlere und geringere Einkommensgruppen - mit einem Energieeffizienzhausstandard, können gleich zwei der wesentlichen Aspekte der ESG-Bedingungen (Environmental, Social, Governance) erfüllt werden. Die Attraktivität solcher Investments besteht darüber hinaus in sicheren, fest kalkulierbaren Cashflows, da Mieten und Mietanstiege langfristig festgelegt sind. Die Gefahr eines Leerstandes ist nahezu ausgeschlossen, da das Angebot niedrig und die Nachfrage sehr hoch ist. Auch die Wahrscheinlichkeit von Mietausfällen ist gering: Im Zweifel unterstützt der Staat.

Erster sozialer Wohnfonds

Obwohl sich Investments in Wohnraum grundsätzlich einer starken Nachfrage erfreuen, traut sich kaum jemand in den geförderten Bereich vorzudringen. Aufgrund der bereits beschriebenen, in allen Bundesländern unterschiedlichen rechtlichen Bedingungen und zusätzlicher kommunaler Aspekte, kommt es auf exakt abgestimmte, oftmals komplexe Vereinbarungen mit den Förderbanken und regionalen Kreditinstituten an.

Die HanseMerkur Grundvermögen AG (HMG) geht mit dem in diesem Bereich erfahrenen Projektentwickler GBI nun diesen Schritt. Nach zwei Wohnimmobilienfonds, die vorwiegend in Neubauten mit hohem energetischen Standard investieren, steht nun ein Fonds in den Startlöchern, der vorwiegend in geförderten Wohnraum investiert. Der Spezialfonds richtet sich an institutionelle Anleger wie Versicherungen, Versorgungswerke, Pensionskassen, Stiftungen und Banken, die dem Bestreben nach nachhaltigen Investments nachkommen wollen. Die aktuellen EU-Verordnungen zur Taxonomie und Offenlegung bieten aktuell nur Ansatzpunkte, wie ESG-konforme Fonds aussehen könnten. Der Spezialfonds hat aufgrund seines hohen Anteils an Sozialwohnungen und der Realisierung von Neubauten mit Energieeffizienzhausstandards gute Chancen, ein sogenannter Artikel-8-Fonds („ESG-Fonds“) zu werden. Als Asset- und Investmentmanager ist es Teil unserer Unternehmensphilosophie, auf langfristig stabile Investmentstrategien zu setzen. Die Basis hierfür sind und bleiben Objekte und Projekte, die zukünftigen Anforderungen an ökologische, gesellschaftliche sowie unternehmerische Standards folgen. Der Blick richtet sich stets nach vorn. Lutz Wiemer ist stellvertretender Vorstandsvorsitzender der HanseMerkur Grundvermögen AG.

Bilder: Nördlingen Wohnungsbau (© GBI Holding AG/ Carsten Bunnemann)